Julian Pache zeigt in seiner Videoarbeit „Drei von sieben haben keine Angst“ ein zunächst unspektakuläres Stück Landstraße. Seltsam ist das Ortsausgangsschild, welches zwar der deutschen Norm in Form, gelber Farbe und querlaufendem roten Balken entspricht, es fehlt jedoch der Ortsname: das Schild ist so leer wie universell. In dem Video spielen sich drei ver- schiedene Szenen an der Landstraße ab, die Pache mit kurzen, harten Schnitten so inein- ander montiert, dass für die Betrachter keine zeitliche Abfolge entsteht: die einzelnen Szenen sind derart fragmentiert, dass sie wie Puzzleteile im Kopf zusammen gesetzt werden müssen. Man sieht zwei Männer in Malermontur mit einem Lieferwagen anfahren, einer beginnt Farbe in einem Eimer anzurühren während der andere die Straße mit einem weißen Tape auf Höhe des Ortsschildes abklebt, so, als wolle er eine Grenze ziehen. In der nächsten Szene rennen drei Ball spielende Jungen ins Bild, der Ball rollt über die Straße aus dem Bild heraus, ein Junge läuft hinterher, die anderen beiden bleiben abrupt beim Ortsschild stehen. In der dritten Szene taucht ein älterer Mann in Jägerkleidung auf. Er trägt ein Gewehr, mit dem er auf etwas nicht sichtbares jenseits des Ortsausgangsschildes zielt. Es wird klar: Der Ortsausgang ist eine Grenze, die nicht jeder zu übertreten wagt und hinter der undefinierte Gefahren zu lauern scheinen. Die drei einzelnen Szenen wiederholen sich in dem etwa 11-minütigen Video in leichten Variationen, es gibt immer wieder verwirrende Momente: beispielsweise eine Szene mit einem Jungen, der aus einer anderen Richtung ins Bild läuft als jene, in die er in dem gleichen Take verschwand. Am surrealsten ist die Szene, in der sich das Ortsschild plötzlich wie von Geisterhand dreht und der Ortsausgang so zum Ortseingang wird.
Die Stärke von Paches Videoarbeit liegt neben dem analytischen Umgang mit der filmischen Erzählstruktur und der Dekonstruktion des präsentierten Raums auch in der Erzeugung einer Stimmung: wichtig sind gerade jene Momente, in denen kaum etwas passiert. Es sind Szenen, in denen eine eigentümliche Stille herrscht, die Personen befinden sich in einer Art Wartezustand, der von unspezifischen Ängsten und einer nicht sichtbaren Bedrohung getragen ist. In parabelhafter Zuspitzung thematisiert Pache einen gesellschaftlichen Zustand, der durchaus auch im Alltag des aktuellen Deutschlands wiederzufinden ist.
[Wiebke Elzel]